Donnerstag, 23. Juni 2016

Blutabnahme - neuer Versuch

Wieder wurde ein Termin zu einer Blutabnahme vereinbart. Diesmal bei einem Arzt, bei dem ich zuletzt vor knapp zwo Jahren schon mal war. Eine Laberbacke sondersgleichen - allein das er älteren Kalibers ist und sich sehr viel Zeit nimmt halte ich ihm zugute. Ein sanfter Mann mit leicht sonnigem Gemüt, aber leider auch keine Ahnung von irgendwas. Aber davon verdammt viel. ;)

Das größte Manko: der Fußweg. Dauer um die 25-30 Minuten, und das zum Berufsverkehr, leider vorbei an mehreren Hauptverkehrsstraßen und Knotenpunkten. Heißt also: 30 Minuten hin und nochmal zurück den Abgasen ausgesetzt sein. Zwischendurch ca. 4 größere Baustellen inklusive Chemieklo...

Mein Lebensgefährte hatte mir einen telefonischen Gesprächstermin vereinbart, als er in der Praxis vorstellig war um die Lage zu erklären. Mittwochs sollte ich zur BA, montags den Arzt anrufen. Tat ich wie gehießen und sprach nur knapp 10 Minuten mit ihm. Ich erklärte ihm, welche Werte jetzt erstmal sehr wichtig seien: alle relevanten SD-Werte (TSH, fT4 und fT3 - woraufhin der Arzt schon wieder seinen üblichen Spruch losließ: "die freien Werte dürfen aber nur genommen werden, wenn der TSH in der Norm ist" --- so ein Schwachsinn!), Ferritin (Eisenspeicher, da Verdacht auf Eisenspeicherkrankheit geäußert worden war), Kalium (aufgrund chronischen Kaliummangels) und Calcium. Für einen kleinen Anhaltspunkt würden mir diese Werte erstmal genügen müssen. Der Arzt sagte von sich aus, das er Cholesterin und Zucker gerne nehmen würde, und ich willigte natürlich dankend ein.

Mittwoch morgens machten wir uns also auf den Weg. Tuch vor Nase und Mund, wie üblich mit beiden Händen fest vors Gesicht gehalten. Auf in den Kampf. Es war schon auf dem Hinweg eine Katastrophe, denn es war stickig und sehr warm an dem Morgen. Nüchterner Magen, keine Hormone genommen (klaro, soll man nicht wenn die Schilddrüsen-Werte genommen werden müssen!), und dann die ganzen Abgase. Ich bekam schon nach einigen Minuten weiche Knie, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen,
Kopfschmerzen, Übelkeit, Magendruck... die Magensäure schoss mir in einer Tour nach oben, sodass ich ständig spucken mußte. Eingesprühte Leute kreuzten meinen Weg, die ich trotz des dicken Tuches riechen konnte. Immer nur einen Hauch von, eine Spur von Gestank, aber das reichte, um mich aggressiv werden zu lassen. Die Angst wuchs, ich dachte, ich schaffe das nicht. Immer wieder mußte ich zwischendurch innehalten, damit ich zu Atem kam, mußte einen kleinen Schluck Wasser trinken - nicht zu lange, damit ich die Abgase nicht riechen mußte.

Nach einer halben Stunde hatten wir die Praxis endlich erreicht. Unter dem dicken Pulli und der Kapuze, ebenso wie natürlich unter dem Tuch, schwitze ich Sturzbäche, mir war so heiß und so elend. Wir gingen umgehend nach oben, ich blieb auf halbem Weg im Treppenhaus an einem geöffneten Fenster stehen. Wollte, das mein Lebensgefährte erst in der Praxis alles abklärt - das nämlich die MTA mir das Desinfektionsmittel nicht aufsprühen dürfe, sondern es vorher schon aufsprühen müsse, damit mir das Zeug nicht meine Klamotten und vor allem nicht mein Tuch verseuchen würde.
Nach einigen Minuten - meine Ungeduld wuchs und mit ihr die Aggression - winkte mein Freund mich in die Praxis. Mich erwartete allerdings nicht ein Platz im Labor zur Blutabnahme, sondern der Arzt, der mir freundlich auf die Schulter tatschte (was meine Aggression nochmal steigerte, leider kann ich nur sagen, das das die MCS so mit sich bringt, Betroffene werden wissen, wovon ich spreche), und begrüßte mich guter Dinge:
"So, da ich Sie nicht so oft zu sehen bekomme, will ich mal gerade den Blutdruck bei Ihnen messen. Setzen Sie sich mal hier hin und ziehen Sie ihre Jacke aus."
Doch das machte ich nicht. Ich nahm den Gestank der Praxis unter meiner Tuch wahr, ich konnte kaum noch atmen, der Atem wurde immer schwerer und schneller. Bei mir schrillten die Alarmglocken! Kurz vorm Hyperventilieren, jetzt mußte ich raus hier!
"Ich kann nicht!" rief ich unter dem Tuch hervor, da ich nicht sicher war, das man mich verstehen würde. Ich stürmte aus der Praxis gen Treppenhaus. Versuchte ruhiger zu werden, was mir nicht gelang. Der Arzt kam hinter mir her - mit diesem Lächeln, das er immer draufhatte - und sagte:
"Immer weglaufen bringt aber nichts! Sie müssen da ein Mal durch und dann geht es wieder!"
"Ich habe keine Panikattacke!" rief ich ihm im Treppenhaus entgegen, während ich zum Fenster wankte.

Mein Freund wurde indes grimmig und hatte keinen Nerv mehr, mich zu beruhigen. Ich konnte kaum noch atmen, war froh, als ich am Fenster war, das zum hinteren Teil hinausging, also straßen-frei. So konnte ich wenigstens ganz kurz Luft schnappen und frischere Luft durch den Mund atmen. Der Puls beruhigte sich allmälich.

Mittlerweile waren um die 15 Minuten vergangen, die ich Treppenhaus stand. Mein Magen schmerzte unsäglich, der Druck wurde immer schlimmer, ich bekam Brustschmerzen, fühlte mich schwach und panisch. Endlich wurde ich von meinem Freund erneut in die Praxis gerufen. Ab ins Labor diesmal. Ich sah nur, wie die MTA mit etwas rumhantierte, wandte mich ab, konnte kaum stillsitzen. Sie sagte:
"Bleiben Sie mal ruhig sitzen," in einem sanften Tonfall (zu meiner Überraschung, gar nicht ungeduldig oder grob).
"Ich will nicht, das das Zeug an mich drankommt!" nuschelte ich unter dem Tuch durch, das ich nun nur noch mit einer Hand extrem fest auf mein Gesicht presste.
"Ich komme nicht an Sie dran!" sagte die Frau, wieder in dem sanften Tonfall. Ich wurde ein klitzeklein wenig ruhiger, denn das übliche "Pftpft" der Sprühflasche des Desinfektionsmittels blieb tatsächlich aus, stattdessen rieb sie mir nur ganz kurz und vorsichtig die Stelle der Armbeuge ab, in die die Nadel gesetzt würde. Dann begann die Blutabnahme, während sie leise und beruhigend mit mir sprach ("so, es geht los" und "so, das war es schon fast, gleich sind wir fertig, dann können Sie direkt raus"). Ich begann, sehr flach zu atmen und sehr ruhig. Mein Puls war bei Normalwert, die Brustschmerzen ließen nach.
"So, wir sind fertig," hörte ich sie sagen.
Mein Freund drückte das kleine Papierstückchen auf den Arm, damit das Blut aufhören würde zu fließen.
"So, dann mache ich noch ein Pflaster drauf, und dann können Sie gehen," sagte die Dame.
"Nein," sagte mein Freund, "kein Pflaster bitte."
"Gut, dann sind Sie jetzt fertig."
Ich nuschelte ein "tschüß" und eilte aus der Praxis.
Am Fenster wartend atmete ich kurz durch. Luft. Ich konnte unter dem stickigen Tuch nicht mehr atmen. Ich wollte nur noch nach Hause. Endlich - nach einigen Minuten - kam mein Freund herbei, ich nahm rasch meine Schilddrüsen-Hormone (LT) und dann machten wir uns auf den Heimweg.

Der gestaltete sich natürlich nicht sonderlich anders als der Hinweg. Im Gegenteil, beschwerlicher. Meine Arme wurden jetzt, nach einer Stunde, die ich das Tuch schon durchgehend aufs Gesicht gepresst halten mußte, lahm und schmerzten. Ich mußte immer wieder wechseln, was nicht leicht war aufgrund des Verkehrs und der extremen Abgasbelastung. Auch waren jetzt mehr Leute unterwegs als noch vor acht Uhr, und die ersten Geschäfte öffneten, die natürlich auch nach Chemikalien stanken. Unterwegs - nur noch einige hundert Meter von Zuhause entfernt - bekam ich einen regelrechten Anfall, mein rechter Fuß und die Wade verkrampften wieder. Irgendwas mußte in der Luft gewesen sein, das ich voll abbekommen hatte. Da mein Mund nur noch nach Abgasen schmeckte, konnte ich nicht mit Gewissheit sagen, was es war. Mein Fuß stellte sich nach außen, ich konnte nicht mehr richtig auftreten, das Bein verkrampfte so sehr, das ich es nur noch nachziehen konnte.
Die Kopf- und Knochenschmerzen wurden so heftig, das ich dachte, ich müßte auf dem Weg einfach aufgeben; ich würde es nicht mehr nach Hause schaffen.
Nach einigen Metern entkrampfte sich mein Fuß, meine Wade wurde weicher. Ich konnte wieder einigermaßen normal laufen. Sofern man mit den immer noch leicht entzündeten Nerven im Rücken überhaupt von "normal laufen" sprechen konnte.

Nach eineinhalb Stunden waren wir endlich zu Hause. Ich ging rasch unter die Dusche - inklusive Haare waschen - und spülte mir mehrmals den Mund aus in der Hoffnung, den Abgas-Geschmack mildern zu können (erfolglos, leider). Ich verzog mich mit meinem Frühstück (Brot mit Käse) ins Schlafzimmer. Nach dem Essen legte ich mich direkt hin... leider ging es dann richtig los. Die nächsten Stunden war mir so schlecht und übel, das ich oftmals aufstehen und spucken und würgen gehen mußte.

Die Nachwirkungen der Abgasvergiftung: Die Geruchs- und Geschmacksstörungen haben ihren Höhepunkt erreicht, sodas mir ständig schlecht wird. Der Magendruck ist schlimm, extremer als sonst. Das Essen bereitet mir Schwierigkeiten, da alles nach Abgasen schmeckt, selbst das Wasser hat einen ekligen Geschmack. Immer wieder schmerzt die Brust beim Atmen, nur zwischendurch immer mal kurz, aber die Schmerzen sind heftig. Ständig bekomme ich im Kopf (meist im Stirnbereich, durch die Belastung der Arme) ein heftiges Stechen, mir wird daraufhin kurzzeitig schwindelig, benommen und kotzelend. Zwischenzeitlich - während einer Gruchsstörung, die unvermittelt jederzeit auftreten kann - setzt starke Muskelschwäche ein, weiche Knie (auch im Sitzen/Liegen), Gelenkschmerzen und Benommenheit.

Und doch: ich habs geschafft und bin froh, das hinter mir zu haben! Nochmal mache ich das aber nicht mit! Nicht, ehe ich nicht meine SD-Hormone angeglichen habe und sich eine Besserung einstellt.

Ach, nicht zu vergessen: der Arzt bekommt für alle doofen und inkompetenten Äußerungen, die er in Gutglauben und Gutwilligkeit (hahaha) mir gegenüber hat fallen lassen, noch insgesamt 3 Roys! Immerhin hat er sich wohl ein wenig über MCS informiert - nicht besonders gut, meiner Meinung nach - wie mein Freund mir am Abend mitteilte. Soll er ruhig noch ein wenig weiterforschen, Zeit genug hat er.^^



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